Wer beim Finanzamt Einspruch einlegt, kann von laufenden Musterprozessen profitieren

Essen, 01. September 2009******Wer früh im Jahr seine Einkommensteuererklärung 2008 eingereicht hat, erhält in diesen Tagen Post vom Finanzamt. Viele Steuerbürger werden mit den vielen Zahlen, Bestimmungen, Vermerken und Hinweisen wenig bis nichts anfangen können. Viele schauen nur auf das Ergebnis: gibt es Geld zurück? Dann ist es ja gut. Wenn das Steuersystem, aber auch die Steuerbescheide, nicht so kompliziert wären, wäre dies für den Bürger noch erfreulicher. Denn immer wieder kassiert das Bundesverfassungsgericht Steuergesetze ein.

Steuerberater Roland Franz, geschäftsführender Gesellschafter bei der Steuerberater- und Rechtsanwaltskanzlei Roland Franz & Partner in Essen weist darauf hin, dass in vielen Fällen aber nur diejenigen von diesen Urteilen profitieren, die entweder selbst vor Gericht gezogen sind oder sich mittels Einspruch beim Finanzamt an ein laufendes Verfahren drangehängt haben. „Es gilt also: Einspruch einzulegen, in der Begründung auf den entsprechenden Musterprozess zu verweisen und „das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung über das anhängige Verfahren“ zu beantragen“, empfiehlt Steuerberater Roland Franz.

Hierbei ist zu beachten: in der Finanzgerichtsbarkeit gibt es im Wesentlichen nur zwei Instanzen: zum einen die Finanzgerichte, die auf Länderebene angesiedelt sind und als zweite Instanz den Bundesfinanzhof mit Sitz in München.

Befindet sich ein Verfahren in der ersten Instanz, also auf der Finanzgerichtsebene, und Sie legen Einspruch ein mit dem Hinweis auf das Aktenzeichen des Gerichts und mit dem Antrag, das Verfahren ruhen zu lassen, muss das Finanzamt den Einspruch prüfen. Es kann ihn aber ablehnen und Sie müssen, um sicherzustellen, dass die Türe für Sie offen bleibt, Ihrerseits gegen die Ablehnung des Einspruchs klagen.

Sobald sich das Verfahren in der nächsthöheren Instanz beim Bundesfinanzhof befindet, sind die Finanzämter in der Regel gezwungen, ihren Bescheid offen zu halten.

Wohlgemerkt: auch bei Verfahren vor dem Bundesfinanzhof müssen Sie Einspruch einlegen.

Nur bei wichtigen oder bei Massenverfahren (wie z. B. der Pendlerpauschale) hält der Fiskus die Bescheide von sich aus offen, ohne dass Sie Einspruch einlegen müssen. Sie erkennen dies in dem Kapitel Erläuterungen Ihres Steuerbescheides. Dort ist zu einem ganz bestimmten Sachverhalt ein Vorläufigkeitsvermerk ausgesprochen.

Die Zahl der beim Bundesfinanzgericht bzw. beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfahren ist aber deutlich höher als Sie es den Vorläufigkeitsvermerken Ihres Steuerbescheides entnehmen können.

Nachfolgend einige Musterprozesse, bei denen es sich lohnt, „aufzuspringen“:

1. Altverluste aus Wertpapieren: muss das Finanzamt Altverluste aus Wertpapieren anerkennen, wenn die vierjährige Feststellungsfrist noch nicht abgelaufen ist? BFH, Az IX R 44/07.
2. Betreuungsfreibetrag: ist es verfassungswidrig, dass alleinstehende Mütter oder Väter, bei denen das Kind gemeldet ist, sich den halben Betreuungsfreibetrag übertragen dürfen, ohne dass der andere Elternteil zustimmt, der Unterhalt für das Kind zahlt? BFH, Az III R 42/07.
3. Doppelte Haushaltsführung: haben Arbeitnehmer, die aus privaten Gründen wegziehen und einen Wohnsitz am Arbeitsort beibehalten, eine doppelte Haushaltsführung? BFH Az VI R 31/08, VI R 23/07, IV R 58/06.
4. Erststudium: sind die Ausgaben für das erste Studium an einer Fachhochschule nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung seit dem Jahr 2004 nur bis zur Höhe von € 4.000,- Sonderausgaben oder sind sie unbegrenzte Werbungskosten? BFH, Az IV R 31/07, VI R 14/07, VI R 6/07, VI R 49/07.
5. Kindergeld I: ist es verfassungsgemäß, dass Eltern auch dann kein Kindergeld für erwachsene Kinder bekommen, wenn deren Einkünfte und Bezüge nur € 1,– über der zulässigen Grenze von zurzeit € 7.680,– im Jahr liegen? Muss es eine Härtefallregelung geben? BVerfG, 2 BvR 1874/08.
6. Kindergeld II: steht Eltern erwachsener Kinder auch Kindergeld zu, wenn der Übergang und Wehr- oder Zivildienst länger als vier Monate dauert und der Nachwuchs zu dieser Zeit nicht arbeitslos gemeldet ist? BFH, Az III R 5/07, Az III R 41/07.
7. Kinderbetreuungskosten I: Ist die Höchstbetragsgrenze zulässig? BVerfG 2RvR2064/08.
8. Kinderbetreuungskosten II: Für Doppelverdienerehepaare oder erwerbestätige Mütter/Väter, die vom anderen Elternteil getrennt leben: in welchen Fällen zählen Kinderbetreuungskosten tatsächlich zu den Betriebsausgaben oder Werbungskosten (auch hier geht es um die Beschränkung der Abzugsfähigkeit)? BVerfG 2BvR1270/07.

Abkürzungen: BFH = Bundesfinanzhof, BVerfG = Bundesverfassungsgericht.

PRESSEMITTEILUNG-DETAILS:
Roland Franz & Partner, Steuerberater – Rechtsanwälte
Bettina M. Rau
Zweigertstraße 28-30
45130 Essen
0201-81095-0
0201-81095-95
http://www.franz-partner.de

Pressekontakt:
GBS-Die PublicityExperten
Dr. Alfried Große
Am Ruhrstein 37c
45133
Essen
ag@publicity-experte.de
0201-8419594
http://www.publicity-experte.de