Für den Handel mit ökologisch korrekten Textilien – die ja z.B. das EU-Bio-Siegel nicht tragen dürfen – bietet sich die Verwendung des Oeko-Tex-Siegels an, das nach eigener Sichtweise für umweltfreundliche und gesundheitlich unbedenkliche Textilien steht. Wie bei jedem Qualitätssiegel gilt jedoch auch hier: Der Umgang ist nicht ganz einfach – und Fehler rächen sich häufig.
Oeko-Tex Standard 100
Der Gemeinschaft Oeko-Tex (Internationale Gemeinschaft für Forschung und Prüfung auf dem Gebiet der Textilökologie) mit Sitz in Zürich gehören 14 unabhängige Prüfinstitute in Europa und Japan an; des Weiteren bestehen Vertretungen in über 40 Ländern weltweit.
Das Siegel „Textiles Vertrauen“ soll für den Verbraucher eine Orientierungshilfe für den Kauf von Textilien sein, die weder seine Gesundheit noch die Umwelt belasten; erreicht wird dies durch eine Zertifizierung, die die Unterschreitung aller gesetzlichen Schadstoffgrenzen vorschreibt – und zwar hinsichtlich aller Bestandteile des jeweiligen Produkts (bei Fertigwaren wie z.B. Bekleidung oder Bettwäsche also auch Nähgarn, Knöpfe, Reißverschlüsse etc.).
Am bekanntesten ist der Oeko-Tex Standard 100, nach dem einzelne Produkte zertifiziert werden können. Hierbei werden – je nach Exposition der menschlichen Haut – vier Produktklassen unterschieden:
I. Textilprodukte für Babys und Kleinkinder (bis 36 Monate);
II. Textilprodukte mit direktem, lang andauerndem oder großflächigen Hautkontakt;
III. Textilprodukte ohne oder mit geringem Hautkontakt;
IV. Textilprodukte für dekorative Zwecke (Polsterstoffe, Gardinen etc.).
Je nach Klassifizierung werden unterschiedlich strenge Anforderungen an die Textilien gestellt, und zwar hinsichtlich der folgenden Parameter:
gesetzlich verbotene Substanzen;
gesetzlich reglementierte Substanzen;
als gesundheitsgefährdend bekannte, aber vom Gesetzgeber noch nicht explizit erfasste Substanzen;
Parameter zur Gesundheitsvorsorge.
Ist das jeweilige Produkt im Prüfverfahren positiv bewertet worden, so wird von Oeko-Tex ein entsprechendes Zertifikat ausgestellt (ein Jahr gültig). Dieses Zertifikat berechtigt auch zur Verwendung des Siegels „Textiles Vertrauen“ (z.B. als Label an dem entsprechenden Kleidungsstück). Hierzu bestehen jedoch ebenfalls strenge Vorschriften seitens Oeko-Tex; so müssen z.B. stets im Zusammenhang mit dem Siegel der zertifizierte Standard, die zugehörige Prüfnummer sowie das zertifizierende Institut angegeben werden.
Das gesamte Reglement kann online eigesehen werden.
Werbung mit dem Siegel „Textiles Vertrauen“
Die Werbung mit dem Siegel ist – gerade auch im Internet – wie bei allen Qualitätssiegeln ein ganz eigenes Problem. Grundsätzlich gehört „Textiles Vertrauen“ zu denjenigen Siegeln, mit denen Werbung gemacht werden darf und auch soll – schließlich erfüllen Qualitätssiegel ihren Zweck nur dann, wenn sie einen gewissen Bekanntheitsgrad erreichen.
Abmahnungen zum Thema
Der IT-Recht Kanzlei liegen bereits mehrere Abmahnungen vor, bei denen es um angeblich irreführende Werbung mit einem „Textiles Vertrauen“-Siegel“ geht. So wurde etwa in einem Fall ein Online-Händler mit der Begründung abgemahnt, dass es irreführend sei, Textilien mit der Aussage „Oeko-Tex Standard 100“ zu bewerben, wenn dabei weder eine Prüfnummer, noch ein Prüfinstitut angegeben werde.
Diese Rechtsauffassung ist jedoch kritisch zu betrachten.
So kommt dem Oeko-Tex-Reglement gerade kein Gesetzesrang zu; schließlich liegen die Standards fest in der Hand privatrechtlich organisierterter Institutionen, der Gesetzgeber hat also keinen Einfluss auf den Inhalt dieser Standards. Somit ist zumindest fraglich, ob ein Verstoß gegen die Kennzeichnungsvorschriften auch sofort einen Wettbewerbsverstoß bedingt – ein solcher wäre aber zwingend zur Rechtfertigung einer Abmahnung notwendig. Dementsprechend ist eher davon auszugehen, dass bei Verstößen gegen das Oeko-Tex-Reglement zuallererst Oeko-Tex selbst – und nicht die Rechtsprechung – zuständig ist.
Hinzuweisen ist in dem Zusammenhang auch auf ein aktuelles Urteil des LG Bochum, wonach bloße Verstöße gegen die eBay-Grundsätze nicht zwingend Wettbewerbsverstöße darstellen müssen.
Dennoch: Entschieden ist hier (noch) gar nichts. Schon um des lieben (Rechts-)Friedens willen sollte also bei der Verwendung des „Textiles Vertrauen“-Siegels auch in der Werbung auf eine korrekte Darstellung samt Prüfnummer und Institut geachtet werden, schon allein, um Abmahnsportlern und ähnlichen Gestalten keine Angriffsfläche zu bieten.
Die Münchner IT-Recht Kanzlei ist eine Sozietät, die diverse Schutzpakete für Online-Händler anbietet und bereits in den letzten Jahren über 1500 gewerbliche Interentpräsenzen vor Abmahnungen abgesichert hat.
Nutzen auch Sie das Know-How der Münchner IT-Recht Kanzlei, die sich auf das IT-Recht spezialisiert hat, um ihren Mandanten eine professionelle und umfassende juristische Beratung in diesem Bereich sicherstellen zu können.
Den Shop der IT-Recht Kanzlei finden interessierte Händler unter www.it-recht-kanzlei.de
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