Beschwerdemanagement in Dienstleistungsunternehmen
Alltag in einer Rechtsanwaltskanzlei. Ein Mandant ruft an und fragt: „Wann senden Sie mir endlich den Vertragsentwurf?“ Oder er klagt: „Für das Einreichen der Klage haben Sie mir aber ganz schön viel berechnet?“ Immer wieder rufen bei Anwaltskanzleien Mandanten an, um ihre Unzufriedenheit zu artikulieren – oft nicht offen, sondern versteckt hinter einer Frage. Dabei kann sich ihre Unzufriedenheit auf völlig unterschiedliche Faktoren beziehen – zum Beispiel auf die Art, wie die Kanzlei ihre Leistung erbringt. Oder auf die berechneten Honorare. Oder darauf, wie die Kanzlei ihre Kunden betreut.
Vielfältige Erwartungen
Wie entsteht diese Unzufriedenheit? Jeder Kunde hat an eine Dienstleistung eine Vielzahl von Erwartungen – bewusste und unbewusste. Erbringt ein Dienstleistungsunternehmen wie zum Beispiel eine Anwaltskanzlei nun eine Leistung für ihn, gleicht er diese Erwartungen mit der tatsächlich erbrachten Leistung ab. Und werden seine Erwartungen nicht oder nur teilweise erfüllt? Dann ist er unzufrieden. Werden sie hingegen übertroffen? Dann ist er begeistert und denkt: Das ist ein toller Dienstleister.
Im Kontakt mit Anwaltskanzleien registriert man immer wieder:
Relativ einfach fällt ihren Mitarbeitern der Umgang mit Beschwerden, die sich auf offensichtliche Fehler oder Versäumnisse beziehen – zum Beispiel die Gebühren wurden falsch berechnet. Oder dem Mandanten wurden Unterlagen zu spät gesandt.
Anders verhält es sich mit den Reaktionen der Mitarbeiter auf Beschwerden, die sich darauf beziehen, wie die Kanzlei ihre Leistungen erbringt. Zum Beispiel, dass der Mandant eine intensivere Beratung und Betreuung wünscht.
Wenn ein Mandant diesbezüglich Unzufriedenheit artikuliert, ergibt sich im Kanzleialltag oft folgende Situation: Der Rechtsanwalt oder Kanzleimitarbeiter ist, wenn der Beschwerdeanruf erfolgt, gerade mit einer anderen Aufgabe beschäftigt und steht unter Stress. Entsprechend reserviert und abwehrend reagiert er auf die Beschwerde. Der Kunde fühlt sich in seinen Erwartungen unverstanden. Denn bevor er zum Telefonhörer griff, überlegte er sich: Soll ich anrufen? Wirkt das vielleicht kleinlich? Werde ich dann als „Nörgler“ abgestempelt? Trotzdem griff er irgendwann zum Telefon, weil er zur Überzeugung kam: „Das Verhalten meines Unterstützers ist nicht okay.“ Und nun spricht er mit dem Kanzlei-Mitarbeiter und seine Befürchtungen bestätigen sich: Die behandeln mich wie einen Bittsteller oder „dachte ich es mir doch, ein Anwalt ist kein Dienstleister, dabei bezahle ich die doch für ihre Leistung.
(Rechts-)Anwälte sind Dienst-Leister
Fakt ist: Oft gelingt es den Mitarbeitern von Anwaltskanzleien nicht, Beschwerdeführern das Gefühl zu vermitteln: „Die verstehen mich und versuchen Ihr Bestes, um mein Problem zu lösen.“ Eine Ursache hierfür ist: Sie haben nicht ausreichend verinnerlicht „Wir sind Dienst-Leister“. Und unser Job ist es letztendlich, unseren Mandanten das Leben einfacher, sorgenfreier und bequemer zu machen. Zum Beispiel, indem wir gewisse Aufgaben stellvertretend für sie erledigen.
Gerade die Kanzleien, die es verstehen sich Ihren Mandanten als Dienstleister zu präsentieren, haben einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil und unterstützen damit nachhaltig den Kundenbindungsprozess.
Den Kunden das Gefühl von professionellem Service und Kundenkommunikation zu vermitteln, ist gerade für den Erfolg von Anbietern immaterieller Dienstleistungen wie Rechtsanwälten und Steuerberatern sehr wichtig. Denn wie gut ein Rechtsanwalt oder -berater fachlich ist, das können deren Kunden vielfach nicht einschätzen. Um dies beurteilen zu können, müssten sie parallel mehrere Anwälte beauftragen und die Resultate von deren Arbeit vergleichen.
Worüber sich Mandanten aber ein qualifiziertes Urteil bilden können, ist zum Beispiel:
– Wie zuverlässig hält mein Unterstützer Zusagen ein?
– Wie viel Zeit nimmt er sich für meine Beratung?
– Wie verständlich sind die Schreiben, die er mir sendet?
– Wie reagiert er auf meine Wünsche und Beschwerden?
Also macht sich an diesen Faktoren auch weitgehend ihr Urteil fest: „Das ist ein guter (beziehungsweise schlechter) Unterstützer“. Entsprechend professionell müssen gerade Anbieter immaterieller Dienstleistungen den Umgang mit Beschwerden gestalten.
Was erwarten Kunden im Beschwerdefall?
Unter anderem:
– eine gute Erreichbarkeit
– Aufmerksamkeit
– Verständnis für ihre Situation
– eine freundliche und höfliche Behandlung
– bei „Fehlern“ eine Entschuldigung
– eine fachlich kompetente und verständliche Bera-tung (kein Juristendeutsch)
– eine schnelle Erledigung/Lösung ihres Problems (und kein Vertrösten)
– einen „Kümmerer“ als Gegenüber
– eine intensive, persönliche Betreuung bis zur end-gültigen Lösung ihres „Problems“
– Verbindlichkeit und ein konsequentes Einhalten aller Zusagen (z.B. Termine, Rückruf)
Diesbezüglich besteht bei vielen Anwaltskanzleien noch Schulungs- und Beratungsbedarf. Das heißt, sie müssen ihren Mitarbeitern stärker vermitteln, was „Dienst-Leister-Sein“ bedeutet; des Weiteren, an welchen Faktoren Mandanten ihre Überzeugung festmachen, ob ihr externer Unterstützer schlecht, mittelmäßig oder sehr gut (und somit empfehlenswert) ist – und zwar nicht nur im Umgang mit Beschwerden.
Zum Autor: Klaus Kissel (Dipl. Betriebswirt VWA) ist einer der beiden Geschäftsführer des Institut für Salesmanagement (ifsm) in Urbar. Er ist systemischer Paar- und Familientherapeut und Managementtrainer. Gemeinsam mit Uwe Reusche hat er das Buch „Sales Coaching: Wirksam führen im Vertrieb. Den Weg in die Zukunft gestalten“, erschienen im Windmühle-Verlag geschrieben.
Das Institut für Salesmanagement ist das Qualifizierungs- und Entwicklungs-
beratungsunternehmen im Bereich Sales Management.
Kontakt:
ifsm – institut für salesmanagement
Christine Weisrock
Klostergut Besselich
56182 Urbar bei Koblenz
+49 (261) 9 62 36 41
christine.weisrock@ifsm-online.com
http://www.ifsm-online.com