Personalberater Michael Zondler: „Wir brauchen mehr klare Kante als Diplomatengesäusel“
Von Paul Humberg +++ Berlin/Sindelfingen, März 2013. Jetzt brandet die Welle der künstlichen Erregung wieder voll auf. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat folgende, angeblich schlimmen Sätze gesagt: „Bis zu einem gewissen Grad bin ich entsetzt, dass zwei Clowns gewonnen haben. Ein beruflich tätiger Clown, der auch nicht beleidigt ist, wenn man ihn so nennt, Herr Grillo. Und ein anderer, der definitiv ein Clown mit einem besonderen Testosteronschub ist“.
„Was ist an diesen Äußerungen so schlimm?“, fragt der Personalberater Michael Zondler http://www.centomo.de. „Wir Bürger und die Medien fordern doch immer Politiker mit Ecken und Kanten. Die FDP hat bislang mit gefühlten 90 Prozent ihrer Themen voll daneben gelegen und die CDU beziehungsweise Angela Merkel komponiert und kopiert ihre Politik nach Gusto und Umfragemehrheiten. Null Innovation in der Koalition. Keiner weiß, ob Peer Steinbrück ein guter Kanzler wäre. Doch grundsätzlich brauchen wir mehr solcher Typen. Sie sterben aus. Statt über „Peerlusconi“ höhnisch-verlogen den Stab zu brechen, sollten wir Politiker von der Kategorie klare Kante unter Artenschutz stellen.“
Laut Zondler verstellen uns Sprechverbote und Tabus zusehends den Blick auf die Wirklichkeit. „Wenn wir schon eine Art europäische Familie sein wollen, dann dürfen wir auch nicht so empfindlich sein und wie Italiens Staatspräsident Giorgio Napolitano gleich ein Treffen mit Steinbrück absagen. Auch wenn Steinbrück nicht mehr zum Chefdiplomaten taugt, eine Politik der beleidigten Leberwurst hilft nicht weiter. In einer Familie muss man sich auch mal ordentlich die Meinung sagen dürfen – und anschließend ist es dann auch wieder gut.“
Nach Ansicht des Geschäftsführers des Beratungsunternehmens centomo sei es traurig, dass sich auch die Medien immer wieder von solchen Empörungswellen anstecken ließen. „Wir brauchen eine Diskussion darüber, ob Steinbrücks Inhalte besser oder schlechter sind als die von Frau Merkel. Wir sollten darüber nachdenken, welche Auswirkungen die Wahl in Italien auf den Euro, auf das Wirtschaftswachstum und die Staatshaushalte in Europa sowie die Bekämpfung der hohen Jugendarbeitslosigkeit in den südlichen Ländern unseres Kontinents haben könnte. Kaum ein ernstzunehmender Politiker oder Journalist hat sich über Berlusconis Wiederauferstehung an der Wahlurne gefreut. Umso verlogener ist es, Steinbrück nun vorzuwerfen, dass er ausspricht, was fast alle denken.“
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