Eine Binsenweisheit!?
PZR – mehr als Zähneputzen und hoch effektiv
Wenn man sich dem Begriff PZR vom offenkundigen Wortsinn her nähert, bedeutet Zahnreinigung, dass Zähne gesäubert, d.h. von Fremdauflagerungen befreit werden. „Professionell“ heißt dabei, dass diese Reinigung von speziell dafür ausgebildetem Personal (Zahnärzte, Dentalhygieniker, weiterqualifizierte Zahnmedizinische Fachangestellte) mit spezifischem professionellem Instrumentarium durchgeführt wird. Das Attribut „professionell“ grenzt die PZR von der Zahnreinigung durch Laien, wie z.B. den Patienten selbst (individuelle Mundhygiene) oder durch Angehörige bzw. Pflegepersonal, ab. Bei einer PZR werden mithilfe von Schallschwingungen, Wasser-Pulver-Spray und speziellen Handinstrumenten Beläge auch an den schwer erreichbaren Stellen schonend und gründlich entfernt. Auf die Reinigung folgt die Politur von noch vorhandenen rauen Stellen mit fluoridhaltiger Paste, um die Neubildung von Belägen zu verhindern bzw. zu erschweren. Das abschließende Auftragen von fluoridhaltigen Gelen oder Lacken sorgt für einen zusätzlichen Schutzfilm auf den Zähnen. Hat der Patient aber nicht gelernt, seine Zähne täglich selbst effektiv zu reinigen, sind die bakteriellen Beläge nach wenigen Stunden wieder da. Nach spätestens drei Wochen hat er wieder eine Zahnfleischentzündung. Deshalb ist die PZR sinnvollerweise Teil einer „Prophylaxesitzung“. In einer solchen Sitzung findet vor der Reinigung zusätzlich noch eine gründliche Zahn- und Munduntersuchung statt. Zudem werden dem Patienten gezielt Hinweise für die Optimierung der häuslichen Zahn- und Zahnfleischpflege gegeben. Wenn Zahnstein entfernt wurde, was einmal pro Jahr von der Krankenkasse bezahlt wird, könnte der parodontal gesunde junge Erwachsene mit diesen Informationen seine Zähne selbst reinigen. Patienten mit hohem Kariesrisiko, wie beispielsweise Jugendliche mit Zahnspangen, oder Patienten mit behandelter Parodontitis, die eben nicht mehr parodontal gesund sind, sollten aber je nach Risiko ein bis 4-mal pro Jahr eine Prophylaxesitzung mit professioneller Zahnreinigung durchführen lassen.
Schützt nicht nur vor Karies
Karies und Parodontitis werden durch verschiedene Faktoren beeinflusst, ausgelöst werden sie aber immer von bakterieller Plaque. Die Reduktion von schädlichen Bakterien im Mundraum wirkt sich deshalb in vielfacher Weise positiv auf die Mundgesundheit des Patienten aus. Ob die Verbesserung der individuellen Mundhygiene durch individuelle Instruktionen oder Gruppenprophylaxe allein oder in Kombination mit einer professionellen Zahnreinigung (PZR) erreicht wird, ist dabei egal.
Unterstützende Parodontitistherapie (UPT)
Parodontitis ist eine chronische Erkrankung, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zurückkehrt, wenn ihr Auslöser, die bakteriellen Zahnbeläge, nicht in Schach gehalten werden. Langfristiger Erfolg der systematischen Parodontitistherapie ist deshalb nur möglich, wenn die Patienten kontinuierlich nachbetreut werden. Die dafür notwendige unterstützende Parodontitistherapie (UPT) umfasst dabei die Elemente der Prophylaxesitzung mit PZR, angefangen von der Diagnostik, Motivation und Instruktion über die Entfernung supragingivaler Beläge einschließlich Politur und Fluoridierung. Die UPT geht aber darüber hinaus, indem regelmäßig die Zahnfleischtaschen nachgemessen werden und Stellen, an denen sich wieder tiefe Taschen entwickeln, nachgereinigt werden. Für die Wirksamkeit der UPT liegen nicht nur die oft zitierten Langzeitdaten von Axelsson [1] vor, sondern beispielsweise auch aussagekräftige Daten von Eickholz [2] sowie Pretzl [3]. In diesen Kohorten-Studien wurde nachgewiesen, dass die regelmäßige Teilnahme an der UPT das Risiko für Zahnverlust deutlich verringert.
IGeL-Monitor des MDS geht an der Realität vorbei
Im IGeL-Monitor bezieht der MDS seine Bewertung, dass der Nutzen der PZR fraglich sei, allerdings nur auf junge parodontal gesunde Erwachsene. „Da in Deutschland die Mehrheit der Erwachsenen nicht mehr parodontal gesund ist, hat diese Bewertung für die meisten Bürger keine Bedeutung. Etwa 10 Millionen Bundesbürger leiden an fortgeschrittenen behandlungsbedürftigen parodontalen Erkrankungen. Deshalb kann die medizinische Notwendigkeit der UPT, die ja untrennbar eine PZR umfasst, kaum bezweifelt werden“, erklärt Prof. Dr. Peter Eickholz, Präsident der DG PARO. Die PZR ist also auch effizient und spart Kosten. Ein gesundheitsökonomisches Argument, dem sich die Kassen noch verschließen. Umso wichtiger ist es der DG PARO daher auch, darauf hinzuweisen, dass die UPT und damit die PZR wichtiger Bestandteil der Behandlungsstrategie der Parodontologie ist. UPT als Bestandteil systematischer Parodontalbehandlungen trägt dazu bei, die Volkskrankheit Parodontitis in den Griff zu bekommen und wirkt so zahnerhaltend.
Der Kostenfaktor – Zuschüsse noch spärlich
Die Kosten einer Prophylaxesitzung mit PZR bzw. einer UPT variieren in Abhängigkeit mit dem damit verbundenen Zeitaufwand. Berechnet wird sie nach der Gebührenordnung für Zahnärzte. Allerdings muss allen – Patienten, Zahnärzten und Kostenträgern – klar sein, dass eine Prophylaxesitzung mit PZR bzw. eine UPT, die etwa eine Stunde dauern, zu Dumpingpreisen von z.B. 45 Euro nicht zu erbringen sind. Bei einem weitgehend vollbezahnten Patienten muss eine UPT mit Erhebung des Parodontalstatus und z.B. subgingivaler Reinigung von fünf Zähnen eher das Drei- bis Vierfache kosten.
Aber keine der präventiven Maßnahmen – weder individuelle Instruktionen noch Gruppenprophylaxe allein oder in Kombination mit einer PZR – und auch nicht die UPT, werden für Erwachsene von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt. Wer davon profitieren möchte, muss dies als außervertragliche Leistung aus der eigenen Tasche berappen. Das verunsichert Patienten und Zahnärzte gleichermaßen, die so gezwungen sind, unerfreuliche Rechtfertigungen für eine wissenschaftlich unumstrittene zahnmedizinische Leistung vorzutragen.
„Auf lange Sicht zahlt sich eine gute Prophylaxe aber aus, deshalb bezuschussen viele Kassen die PZR freiwillig“, gibt sich Eickholz zuversichtlich. Die DG PARO engagiert sich nicht nur in der Weiterentwicklung der Parodontologie, sondern auch in der motivierenden Aufklärung sowohl der Zahnärzte als auch der Patienten. „Wir können mit relativ kleinem und kontinuierlichem Aufwand sehr viel erreichen. Davon werden wir auch die Kassen und ihre Medizinischen Dienste noch überzeugen“, betont er. Bis dahin müssen die Patienten etwas aus ihrer eigenen Tasche dazu bezahlen, profitieren aber davon.
Quellen:
[1] Axelsson P, Nyström B, Lindhe J: The long-term effect of a plaque control program on tooth mortality, caries and periodontal disease in adults. Results after 30 years of maintenance. J Clin Periodontol 31, 749-757 (2004).
[2] Eickholz P, Kaltschmitt J, Berbig J, Reitmeir P, Pretzl B: Tooth loss after active periodontal therapy. 1. Patient-related factors for risk, prognosis, and quality of outcome. J Clin Periodontol 35, 165-174 (2008).
[3] Pretzl B, Kaltschmitt J, Kim T-S, Reitmeir P, Eickholz P: Tooth loss after active periodontal therapy. 2. Tooth-related factors. J Clin Periodontol 35, 175-182 (2008).
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