Ausgebremst: Unternehmen halten sich mit Einstellungen und Investitionen zurück / Überlebenswichtig: 2,5 Mio. Firmen sind abhängig von rechtzeitiger Bezahlung / Wichtiger Schutz: Instrumente sinnvoll nutzen
Verspätete Zahlungen und lange Zahlungsfristen verursachen Probleme für die Unternehmen in Deutschland. Das kostet nicht nur Arbeitsplätze, sondern nimmt weitere Wachstumschancen. Das ist ein Ergebnis des European Payment Reports 2016 (EPR) von Intrum Justitia, Europas führendem Anbieter von Kreditmanagement-Services. Sieben von zehn der befragten kleinen bis mittleren Unternehmen (KMU) in Deutschland – hochgerechnet rund 2,5 Mio. Firmen – geben an, dass sie Zahlungsverzug als Existenzbedrohung sehen.
Fast 9.500 Unternehmen aus 29 Ländern haben im Zeitraum zwischen Februar und April 2016 an der Studie teilgenommen, davon 772 aus Deutschland. „Viele, aber vor allem kleinere und mittelgroße deutsche Unternehmen spüren umittelbar die Konsequenzen des schlechten Zahlungsverhaltens ihrer Kunden. Sie fühlen sich dadurch im Wachstum gehemmt und sogar in ihrer Existenz bedroht“, sagt Jürgen Sonder, Geschäftsführer von Intrum Justitia. Dieser Trend ist in Deutschland wesentlich stärker ausgeprägt als im europäischen Durchschnitt. Die Auswirkungen einer schwächelnden ökonomischen Mittelschicht wären gerade für Deutschland verheerend: 99,3 Prozent der Unternehmen sind KMUs und 60 Prozent der Beschäftigten arbeiten in diesen Firmen. Der Begriff KMU umfasst laut Statistischem Bundesamt Unternehmen bis maximal 249 tätigen Personen und bis 50 Millionen Euro Jahresumsatz.
Weniger Arbeitsplätze
Mit mittlerer bis hoher Wahrscheinlichkeit würden mehr Mitarbeiter eingestellt, wenn schneller bezahlt würde. Das sagen 85 Prozent der befragten KMU und auch 42 Prozent der deutschen Großunternehmen (GU). „Das könnten Millionen neue Jobs sein“, so Sonder. 65 Prozent der KMU sehen sich daran gehindert zu wachsen (GU 33 %) und 54 Prozent erwarten Liquiditätsprobleme auf Grund schlechter Zahlungsmoral (GU 22%). Das zeigt, wie sehr kleine und mittlere Unternehmen verwundbar sind.
Unternehmen aller Größenordnungen sind betroffen. Allerdings macht die Befragung klar, dass sich kleinere Unternehmen schlechter schützen, auch wenn deutsche Unternehmen in dieser Beziehung wesentlich besser aufgestellt sind, als der europäische Durchschnitt. Zum einen akzeptieren sie weniger schnell vorbehaltslos ein längeres Zahlungsziel, als Unternehmen im europäischen Durchschnitt (2 % versus 14 % in Europa). Zum anderen geben nur 4 Prozent der deutschen KMU (Europa 25 %) an, dass sie weder Bankgarantien, Kreditversicherung, Vorauszahlungen, Inkasso, Factoring oder andere Instrumente einsetzen, um sich gegen die schlechte Zahlungsmoral zu schützen. Die Zahl klingt zunächst gut, allerdings beschränken sich viele Unternehmen auf einzelne Maßnahmen wie Vorauskasse. Großunternehmen nutzen weit mehr Möglichkeiten, um sich entsprechend zu schützen.
Unterschiedliches Zahlungsverhalten
Im European Payment Report fragte Intrum Justitia außerdem nach den Gründen, warum Kunden Rechnungen spät bezahlten. 71 Prozent der befragten zentraleuropäischen Unternehmen gaben finanzielle Schwierigkeiten ihrer Schuldner als Grund an. Verbesserungspotenzial in den administrativen Abläufen der Kunden nannten 46 Prozent als mögliche Ursache für verspätete Zahlung, 21 Prozent Streitigkeiten hinsichtlich der gelieferten Waren und Dienstleistungen. Und sogar 66 Prozent der Unternehmen nehmen an, dass ihre Kunden die Zahlung absichtlich verzögern. In Deutschland glauben dies sogar acht von zehn Unternehmen (81 Prozent).
Verbraucher sind die schnellsten Zahler. Im europäischen Durchschnitt zahlen sie nur 0,9 Tage zu spät. Unternehmenskunden kommen dagegen schon auf eine Verzögerung von 5,6 Tagen nach dem Zahlungsziel. Katastrophal ist das Zahlungsverhalten von Kommunen. Hier müssen die Unternehmen 7,2 Tage länger warten, als ursprünglich vereinbart. Deutsche Kommunen zahlen wesentlich schneller, haben aber auch einen Verzug von 0,9 Tagen. Angesichts dieser Situation ist es mehr als erstaunlich, dass noch nicht alle Unternehmen Maßnahmen ergreifen, sich gegen Zahlungsausfall abzusichern.
Die Niedrigzinsphase hat dagegen auch auf deutsche Unternehmen und auf deren Investitionsverhalten wenig Auswirkungen. Nur 5 Prozent der kleineren und 19 Prozent der Großunternehmen gaben an, dass sie durch die Zinspolitik mehr investiert hätten. Das zeigt, dass insbesondere bei KMU Investitionen eher von anderen Faktoren abhängen, als von der Zinssituation. Insgesamt wird Deutschland als stabil angesehen. 89 Prozent der Unternehmen denken, dass sich die Debitorenrisiken in den nächsten 12 Monaten nicht verändern, 8 Prozent denken, sie werden steigen.
Über Intrum Justitia
Intrum Justitia ist Europas führende Unternehmensgruppe für Kreditmanagement-Services und unterstützt mit ihren Dienstleistungen wirkungsvoll das Working Capital Management der Unternehmen durch Verbesserung des Cashflows und einer nachhaltigen Steigerung der Rentabilität. Mit der Schuldnerberatungs- und Insolvenzstelle des Caritasverbandes Darmstadt e.V. setzt sich Intrum Justitia nachhaltig für die Aufklärung im Umgang mit Geld und die Insolvenzvorbeugung ein.
Gegründet 1923, beschäftigt Intrum Justitia rund 3.850 Mitarbeiter in 20 Ländern und arbeitet für mehr als 75.000 Kunden. Der konsolidierte Umsatz belief sich 2015 auf EUR 602 Millionen. Intrum Justitia AB wird seit 2002 im NASDAQ Stockholm gelistet.
Intrum Justitia Deutschland ist mit zwei Standorten einer der großen Anbieter auf dem deutschen Markt. Neben Schwerpunkten in den Branchen Finanzdienstleister, Energieversorger, E-Commerce, Öffentlicher Nahverkehr und Telekommunikationsdienstleister hat sich das Unternehmen insbesondere im Forderungskauf und im Risiko-und Forderungsmanagement einen Namen gemacht.
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