Familienunternehmen: Wen die Krise besonders trifft

Krisen-Scoring für 5.000 Top-Familienunternehmen

Das neueste Version des Rankings der größten Familienunternehmen Deutschlands zeugt von Wachstum und aufkommenden neuen Top-Unternehmen. Doch durch die sich anbahnende Wirtschaftskrise im Zuge der Corona-Pandemie drohen viele Wachstumswege zu Makulatur zu werden, wie das DDW-„Krisen-Scoring“ zeigt.

Neben 26 Neueinsteigern (und entsprechend: 26 „Aussteigern“) verzeichnet die aktuelle Top-1.000 der deutschen Familienunternehmen 92 Unternehmen mit Rangverlusten, 64 blieben unverändert, und 818 Unternehmen stiegen in ihren Platzierungen.

Eine beeindruckende Unternehmensgeschichte führt auch im 30. Jahr zu einem Rekord: Torsten Toeller hat mit seiner Heimtierbedarf-Kette Fressnapf seinen Jahresumsatz 2019 um fast zehn Prozent steigern können. Insgesamt wurden 2,3 Milliarden Euro umgesetzt – damit steigt Fressnapf im aktuellen Ranking um 85 Plätze auf Rang 108. Seinen ersten Fressnapf-Markt hatte Toeller 1990 im rheinischen Erkelenz eröffnet. Heute gibt es 1630 Fressnapf- und Maxi-Zoo-Märkte in elf Ländern.

Die Neueinsteiger

Das aktuelle Ranking sieht viele Unternehmen, die sich durch ihr Umsatzwachstum oder aufgrund von Recherchen der DDW-Rankingredaktion neu für das Ranking der größten Familienunternehmen qualifizieren konnten. In der Top-5.000-Version sind es 153, in der Top-2.000-Version 72 und in der Top-1.000-Version 25 Unternehmen.

Zu den Neueinsteigern in die Top-1.000 gehört die Enno Roggemann GmbH & Co. Seit über 70 Jahren widmet sich die Bremer Unternehmerfamilie einem Material: Holz. Dessen Eigenschaften sind geradezu in die Kultur des Unternehmens eingewachsen: „Das Holz arbeitet, verändert sich, bleibt in Bewegung. Für uns ist das ein Vorbild: wer heute erfolgreich sein will, geht neue Wege“, so Roggemann. Mit einem Umsatz von rd. 260 Millionen Euro, der von 700 Mitarbeitern erwirtschaftet wird, findet sich Unternehmen neu auf Rang 985.

Die Veränderungen in der Top-100

Weniger Veränderungen gibt es aufgrund der hohen Umsatzabstände in den Top-Positionen des Rankings der größten deutschen Familienunternehmen. 16 Unternehmen stiegen in den Top-100 in ihren Platzierungen, 45 sanken, 39 blieben unverändert – darunter die Top-10.

Den einzigen Neueinstieg in das Spitzenfeld der Top-100 schaffte die Viessmann Group. Das Familienunternehmen wächst mit der Kraft zweier Generationen unter der Führung von Prof. Dr. Martin Viessmann als Chairman und Max Viessmann als Co-CEO. Viessmann hat sich erfolgreich der strategischen Neuausrichtung vom traditionellen Heiztechnikhersteller zum Anbieter integrierter Lösungen für komplette Lebensräume verschrieben. Auch im Jahr 2019, zwei Jahre nach dem Aufbruch in ein neues Jahrhundert der Unternehmensgeschichte, kann Viessmann zum dritten Mal in Folge ein deutliches Wachstum verzeichnen: es lag bei 6,4 Prozent auf insgesamt 2,65 Milliarden Euro – das bedeutet eine Rangveränderung um 8 Plätze auf Rang 93 im Ranking.

Corona-Krise: Welche Familienunternehmen sind betroffen?

So beeindruckend 2019 die Geschäftsentwicklung der deutschen Familienunternehmen 2019 war, das Jahr 2020 wird eine Zäsur darstellen. Die Folgen des aktuellen Wirtschaftsstillstands sind noch nicht absehbar, aber sie werden erheblich sein.

Viele der Familienunternehmen, auch der Top-5.000 des DDW-Rankings, befinden sich in einer doppelt mißlichen Lage. Auf der einen Seite stehen sie inmitten der Folgen, die sich aus Betriebsbeeinträchtigungen und Auftragseinbruch ergeben. Auf der anderen Seite sind sie von vielen Maßnahmen der Politik ausgeschlossen: Sie unterschreiten die in diesen Tagen eingeführten Soforthilfen an kleine Unternehmen bis 15 Mitarbeitern, und sind zu klein, um von den Staatshilfen für Großkonzerne zu partizipieren. „Leider bleibt zigtausenden Mittelständlern die Rettung über Rekapitalisierung durch den Staat dabei versagt“, beklagt der Präsident des Familienunternehmer-Verbandes, Reinhold von Eben-Worlee, auf dem Portal Die Deutsche Wirtschaft.

Doch wie stellen sich möglichen Umsatzeinbrüche für die Familienunternehmen dar, und welche Unternehmen sind besonders betroffen?

Knapp sechs Prozent der Top-Familienunternehmen mit dem kritischsten Scoringwert

Auf Basis des aktuell für die deutschen Unternehmen von DDW durchgeführten Krisen-Ratings wurden auch die Top-5.000-Familienunternehmen durchleuchtet. Für die Analyse wurden die einzelnen Branchen sowie individuelle Unternehmenskritierien bewertet. Die Ergebnisse stellen in einem Scoring von 1 (sehr kritisch) bis 16 (weniger betroffen) die relative mögliche Beeinträchtigung der Unternehmen dar. Dabei ergibt sich für knapp sechs Prozent der Top-Familienunternehmen der kritischste Scoringwert 1. 80 Prozent der Familienunternehmen liegen in einem Wertebereich von 1 bis 7 und damit im Bereich der besonders betroffenen Unternehmen.

Unter den 5.000 größten Familienunternehmen finden sich eine Vielzahl von Unternehmen, die zur Zeit einen völligen Stillstand ihres Geschäfts hinnehmen müssen. Dazu zählen Hotelketten, Freizeitparks und Gastronomieunternehmen. Besonders brisant ist der Stillstand beim Handel (ausgenommen von Supermärkten, Versandhändlern, Garten- und Baumärkten), bei dem 13 Prozent der Unternehmen den Scoringwert 1 und 30 Prozent den Scoringwert 2 haben. Von besonderer Relevanz als deutsche Kernbranche ist auch der angeschlagene Automotive-Bereich mit vielen hundert Zuliferern.

Für 20 Prozent eher mäßige Betroffenheit zu erwarten

Im Feld mäßiger Beeinträchtigungen oder sogar höherer Nachfrage im Scoringbereich 9 bis 16 finden sich 20 Prozent. Zu den Unternehmen mit relativ positiver Prognose gehören solche aus den Bereichen Versandhandel (75 Unternehmen), Internetanbieter, IT und Software (26), Pharma und Medizintechnik, Automatisierungs- und Robotikspezialisten oder – natürlich – Hygienepapiere, die momentan einen geradezu hysterischen Kaufboom erleben.

Familienunternehmen als Stabilitätsanker?

Es werden wohl wie in den vergangenen Krisen auch insbesondere die Familienunternehmen sein, die für Stabilität in der drohenden Wirtschaftskrise sorgen. Die im Unternehmerbesitz verankerte gelebte Verantwortung für Mitarbeiter und Standort hat über die aktuelle Situation hinaus den Blick auf die „Zeit danach“. Zudem sichert sie die Bereitschaft, mit Eigenmitteln aktuelle Einbrüche abzufedern – während Konzerne eher nach dem Staat rufen. Jetzt könnte sich auch bewähren, dass viele Unternehmen nach den Erfahrungen der Finanzkrise 2008 ihr Eigenkapital deutlich erhöht haben.

Das aktuelle Ranking ist auf dem DDW-Portal einsehbar.

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