Mikrofinanzierer SoFiM geht neue Wege

SoFiMGbR – Soziale Finanzierungen durch Mikrokredite unter den Top Five in Deutschland

Mikrofinanzierer SoFiM geht neue Wege

Anfang Oktober wurde das neue Mikrofinanzinstitut (MFI) SoFiM GbR – Soziale Finanzierungen durch Mikrokredite in München offiziell akkreditiert und nahm damit seinen Geschäftsbetrieb auf. Die GbR wird getragen von Gabriele Taphorn (Fördermittel-Guide) und Wolfgang Dykiert (dykiert beratung) und soll voraussichtlich Mitte des kommenden Jahres in eine Genossenschaft umgewandelt werden.

Hinter dem neuen MFI steht die GLS-Bank und das Deutsche Mikrofinanzinstitut (DMI), die in Zusammenarbeit mit bzw. im Auftrag von dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi), dem Europäischen Sozialfonds für Deutschland (ESF) und der Europäischen Union (EU) seit 2000 das Mikrokreditangebot in Deutschland auf- und ausbauen.

„Das Konzept der SoFiM GbR gehört zu den fünf besten Unternehmenskonzepten, die ich bisher erhalten und akkreditiert habe“ so Oliver Förster vom DMI. Worin zeichnet sich das Unternehmenskonzept aus bzw. wodurch unterscheidet es sich von den anderen 63 Mikrofinanzinstituten in Deutschland? Gabriele Taphorn, Initiatorin, Mitbegründerin und Mitinhaberin der SoFiM GbR, erläutert die Unterschiede.

Wolfgang Dykiert (WD): Frau Taphorn, Sie sind Inhaberin des Fördermittel-Guide in München, ein Unternehmen das seit mehreren Jahren erfolgreich kleine und mittelständische Unternehmen darin berät und begleitet, Finanzierungen bei Banken und Fördermittel bei öffentlichen Institutionen zu beantragen. Warum haben Sie sich entschieden, nun selber in die Rolle eines Finanzierungsanbieters zu schlüpfen?

Gabriele Taphorn (GT): Im Rahmen meiner Beratungen konnte ich immer wieder feststellen, dass sich der Kapitalbedarf bei vielen Existenzgründern auf Kleinst- und Kleinbeträge beschränkt, die seitens der etablierten Kreditinstitute nur in Ausnahmefällen gedeckt wird. Meine Finanzierungs- und Fördermittelberatung soll ganz wesentlich auch die Begleitung des Finanzierungsprozesses umfassen und letztendlich das gesamte Vorhaben unterstützen. Kommt eine notwendige Finanzierung nicht zustande, können wirklich gute Geschäftsideen nicht umgesetzt werden. Vor diesem Hintergrund ist und war für mich die Möglichkeit, ein eigenes Finanzierungsinstitut zu errichten, eine schlüssige Folgerung aus meinem Beratungsverständnis heraus. Ich kann damit sowohl meine Mandanten als auch weitere ExistenzgründerInnen und Unternehmen maßgeblich bei der Umsetzung ihrer Geschäftsideen unterstützen.

WD: Ganz generell gefragt – an welche Zielgruppe wendet sich denn das Angebot der Mikrofinanzierung und in welchem Bereich spricht man von Mikrokredit? Bis 1.000 EURO oder bis 3.000 EURO? Kann auch eine Privatperson bei Ihnen einen Mikrokredit beantragen?

GT: Die Mikrofinanzierung in Deutschland richtet sich an Personen und Unternehmen, die Kapital für unternehmerische Tätigkeiten einsetzen. Danach sind grds. auch Privatpersonen – allerdings nur im Vorgründungsbereich – antragsberechtigt, wenn in dieser Zeit bereits betriebliche Kosten zu finanzieren sind (z. B. Gründungskosten, erste Marketingmaßnahmen etc.). Ein weiterer Aspekt der Zielgruppendefinition ist der meist fehlenden Bankenzugang, der seinen Grund beispielsweise in fehlenden Besicherungsmöglichkeiten oder wie bereits erläutert im geringen Kapitalbedarf hat.
Als gering und für Kreditinstitute meist uninteressant gelten im Bereich der Mikrofinanzierung Beträge zwischen 1.000 EUR und 10.000 EUR. Dies entspricht dann auch der Höhe der möglichen Erstkredite. Nach erfolgter Rückzahlung des ersten Kredites besteht grds. die Möglichkeit, bis zu 20.000 EUR für weitere Finanzierungsrunden zur Verfügung zu stellen.

WD: Welche Rolle übernimmt das MFI in dem gesamten Ablauf und wie selbständig kann das MFI vor Ort entscheiden?

GT: Das MFI übernimmt die vollständige Kreditbetreuung von der ersten Kundenansprache bis zur vollständigen Rückzahlung des Kredites und ist damit einziger Ansprechpartner der Antragsteller und Kreditnehmer. Die GLS Bank ist lediglich für die bankrechtlichen Verwaltungstätigkeiten wie die Erstellung der Kredit- und Sicherheitenverträge zuständig.

Das MFI führt das Kundengespräch, analysiert die Kreditanträge und entscheidet, ob der Mikrokredit ausgereicht wird. Die edv-mäßig erfasste Kreditempfehlung wird dann von der GLS Bank vertraglich umgesetzt und zahlt den Betrag nach Rückerhalt der Vertragsunterlagen auf das Konto des Kreditnehmers aus. Die Begleitung der Kreditlaufzeit sowie evtl. erforderliche Bearbeitungsschritte im Fall von Rückzahlungsstörungen obliegen ebenso dem MFI. Kreditausfälle gehen zu Lasten des Kapitals des MFI.

Das MFI ist also de facto eine Bank, denn es trifft die Kreditentscheidung und haftet für die vollständige Rückzahlung gegenüber der GLS Bank und dem Mikrokreditfonds.

WD: Der gesamte Bewerbungs- und Akkreditierungsprozess dauerte ja über ein Jahr und sicherlich war damit auch sehr viel Arbeit verbunden. Zum Zeitpunkt Ihrer Bewerbung gab es in Deutschland ja bereits über 60 MFIs. Wo sehen Sie den Bedarf, um nun in Deutschland ein weiteres MFI aufzubauen?

GT: Die einzelnen MFIs unterscheiden sich in erster Linie durch ihre Zielgruppen. Produkte und Prozesse der MFIs sind und werden an diese Zielgruppen und deren Bedarf angepasst. Insofern ist die Anzahl der MFIs in Deutschland nicht ausschlaggebend.
Die SoFiM GbR richtet ihr Angebot vornehmlich an Social Entrepreneure, Social Businesses, soziale Einrichtungen und Organisationen, Frauen und Menschen mit Behinderung.

WD: Das heißt Sie sprechen spezielle Zielgruppen an, die von den bereits bestehenden MFIs entweder noch gar nicht oder nur unzureichend berücksichtigt wurden? Welche Besonderheiten verbinden Sie denn mit Ihren Zielgruppen bzw. was unterscheidet deren Bedürfnisse und Unternehmenskonzepte von anderen Unternehmungen?

GT: Wenn klassische ExistenzgründerInnen bereits Schwierigkeiten haben sich bei den üblichen Hausbanken das notwendige Startkapital zu besorgen, dann tun sich Social Entrepreneure also ExistenzgründerInnen die ein sog. Social Business, d.h. Gründungskonzepte mit einem Social Impact- einem gesellschaftlichen Mehrwert um ein Vielfaches schwerer. Banken beurteilen in erster Linie nach Rentabilität und Liquidität und weniger nach dem gesellschaftlichen Mehrwert. Deshalb lag es mir ganz besonders am Herzen dieser Zielgruppe den Zugang zu Startkapital zu ermöglichen.

WD: Haben Sie denn für diese Zielgruppen besondere Angebote ausgearbeitet, zum Beispiel spezielle Kreditprodukte?

GT: Wir bieten unseren Zielgruppen Kredite für jede Unternehmensphase, also Vorgründung, Gründung und Wachstum, an. Ausgehend vom Kapitalbedarf und der Verwendung der Mittel stehen unterschiedliche Varianten hinsichtlich Höhe, Laufzeit und Rückzahlungsmodalität zur Verfügung. Darüber hinaus haben wir ein spezielles Produkt für Aus-, Fort- und Weiterbildungskosten.

WD: Die generellen Zielgruppen, die Sie eingangs genannt haben, gehören ja nicht unbedingt zu den wirtschaftlich stabilsten. Das heißt bei Ihnen werden kleine und mittelständische Unternehmen wegen eines Kredites anfragen, die bei ihrer Bank eventuell schon eine Absage bekommen haben. Wie schätzen Sie denn Ihr Risiko ein, dass Kredite, die Sie ausgereicht haben, nicht ordnungsgemäß zurückgezahlt werden und welche Möglichkeiten der Besicherung gibt es denn?

GT: Wir sind uns bewusst, dass es sicherlich zu Kreditausfällen kommen wird. Wir minimieren gemeinsam mit unseren Netzwerkpartnern das Risiko durch eine kompetente Begleitung der GründerInnen/Unternehmen vor und während der Kreditlaufzeit zu minimieren.

WD: Und wenn jetzt jemand mit einem Schufa-Eintrag, einer privaten oder geschäftlichen Insolvenz zu Ihnen kommt, um einen Kredit zu beantragen?

GT: Die von Ihnen genannten Umstände sind für uns grds. kein Ausschlussgrund für eine Kreditvergabe. Allerdings sollten Insolvenzverfahren bereits vollständig abgeschlossen sein. Unser Fokus in der Beurteilung liegt eindeutig auf dem Unternehmenskonzept und dessen Erfolgsaussichten sowie auf der Person des Antragstellers/der Antragstellerin.

WD: Bedeutet das, dass Sie jeden Antragsteller / jede Antragstellerin zu einem persönlichen Gespräch einladen?

GT: Ja, das ist – zumindest in der Anfangsphase – so vorgesehen. Aufgrund unserer langjährigen Erfahrungen in der Beratung trauen wir uns ein entsprechendes Urteilsvermögen zu. Der persönliche Eindruck der Person und des Konzeptes und der Vorbereitung sind für uns eine Art „Kreditsicherheit“.

WD: Sie definieren also den Begriff „Sicherheit“ neu bzw. umfassender. Nicht nur bankübliche Sicherheiten wie Abtretungen und dingliche Sicherheiten sind für Ihre Entscheidung relevant, die Person, das Unternehmenskonzept sondern auch ob der/diejenige auf sich allein gestellt ist, um die unternehmerischen Ziele zu erreichen oder ob er von kompetenter Seite unterstützt – quasi begleitet – wird, ist für Sie ein wichtiger Aspekt.

GT: Die kompetente Begleitung gerade von ExistenzgründerInnen ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor bei der Umsetzung von Geschäftsideen. Daher beruht unser MFI auf der Zusammenarbeit mit erfahrenen Beratern und Unterstützern unserer Zielgruppen. Diese Kompetenz-, Kooperations- und Netzwerkpartner sowie ihre Dienstleistungsangebote sind uns seit vielen Jahren bekannt. Ihre Leistungen für die Antragsteller werden von uns als Sicherheit für den Mikrokredit bewertet.

WD: Und wie bewerten Sie die unterschiedlichen Dienstleistungsangebote Ihrer Netzwerk-, Kooperations- und Kompetenzpartner?

GT: Wir haben das sog. „SoFiM-Credit-Points-System“ eingeführt. Das bedeutet, je intensiver sich ein Antragsteller mittels Unterstützung unserer Partner z. B. durch Beratungstage, Coachings, Seminare, Workshops o.ä. auf sein Vorhaben vorbereitet, desto mehr „SoFiM-Credit-Points“ kann er sammeln. Diese können bis zu 70 Prozent des erforderlichen Kreditbetrages anstelle üblicher Sicherheiten treten.

WD: Könnte im Extremfall auch jemand einen völlig unbesicherten Kredit erhalten?

GT: Das ist auch möglich, da die SoFiM GbR die Möglichkeit hat, für die fehlenden 30 Prozent ein up-grade zu vergeben und somit auf ergänzende Sicherstellungen zu verzichten.

WD: Was passiert denn eigentlich, wenn ein Kreditnehmer/eine Kreditnehmerin doch mal Probleme mit der monatlichen Zins- und Tilgungsrate hat?

GT: Durch entsprechende Auswertungen und Vereinbarungen im Rahmen eines Monitoringvertrages sollen evtl. Störungen bei der Kreditrückzahlung frühzeitig erkannt und entsprechende Gegenmaßnahmen ermöglicht werden. Der Fokus liegt aber auch in derartigen Fällen auf dem gemeinsamen Dialog. Es wird stets einen gemeinsamen Weg zur Behebung der Schwierigkeiten geben.

WD: Zusammenfassend kann man sagen „Transparenz und Offenheit schafft Vertrauen“ und Vertrauen ist die Basis für Ihre Kreditzusage?!

GT: Das trifft genau unser Verständnis von Mikrofinanzierung und ist damit der wichtigste Unterschied zum „klassischen“ Bankensektor, bei dem das Thema „Sicherheiten“ klar im Fokus steht.

WD: Abschließend interessieren mich nur noch mal die harten Zahlen, Daten und Fakten. Wer legt den Zinssatz fest und wie hoch ist dieser? Welche Laufzeiten sind möglich? Gibt es tilgungsfreie Anlaufzeiten? Wie lange dauert es von der Kreditanfrage bis zur Kreditauszahlung verfügen kann?

GT: Der Zinssatz für die Mikrokredite wird von der GLS Bank und dem Mikrokreditfonds festgelegt und liegt dzt. bundeseinheitlich bei 8,9 % p.a. effektiv. Die maximale Laufzeit der Kredite beträgt max. 36 Monate und wird in diesem Rahmen im Einzelfall individuell vereinbart. Tilgungsfreie Anlaufzeiten sind nicht vorgesehen, was bei den kurzen Laufzeiten auch nicht sinnvoll erscheint. Allerdings besteht auch die Möglichkeit, ein endfälliges Darlehen zu vereinbaren. Das hängt maßgeblich von der Kreditverwendung ab und kommt vorrangig z. B. bei Auftragsvorfinanzierungen in Betracht.

Nach der Anlaufphase der SoFiM GbR, in der sich die vorgesehenen Prozesse einspielen und ggf. angepasst werden, sollen zwischen Kreditanfrage und -auszahlung nicht mehr als 14 Tage vergehen. Zu berücksichtigen ist dabei allerdings, dass dies nur die Bearbeitungszeit der SoFiM GbR betrifft und nur dann möglich ist, wenn der/die Antragsteller die erforderlichen Angaben und Unterlagen entsprechend zeitnah vorlegt.

WD: Frau Taphorn – herzlichen Dank für das interessante Gespräch und toi toi toi für Ihre SoFiM – Soziale Finanzierungen durch Mikrokredite.

Soziale Finanzierungen durch Mikrokredite in Höhe von bis zu 10.000 EURO. Schwerpunktzielgruppen der SoFiM GbR sind Social Entrepreneure, Gründerinnen, Studenten, Menschen mit Behinderungen und KMU. Die SoFiM GbR hat gemeinsam mit Kompetenz-, Kooperations- und Netzwerkpartner das sog. SoFiM-Credit-Point System (SCP) entwickelt. Je mehr SCP´s ein Kreditnehmer vorweisen kann umso weniger bankübliche Sicherheiten sind notwendig.

Kontakt:
SoFiM GbR – Soziale Finanzierungen durch Mikrokredite
Wolfgang Dykiert
Hohenzollernstraße 86
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089 3081359
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